Kurz vorm Kollaps

Wenn Bran­den­burg ein fami­li­en­freund­li­ches Land sein soll, dann muss es dafür Sorge tra­gen, dass seine Kleins­ten in den Kitas indi­vi­du­ell betreut und geför­dert wer­den und ihre Eltern nicht gezwun­gen sind zwi­schen Kind und Beruf zu wählen.

Heute war ich im Rah­men mei­ner Som­mer­tour „Fami­li­en­freund­li­ches Bran­den­burg?“ im Gespräch mit Akti­ven des Akti­ons­bünd­nis­ses KiTA­KOL­LAPS. In den Räum­lich­kei­ten der Lan­des­ge­schäfts­stelle von Der Pari­tä­ti­sche Bran­den­burg in Pots­dam kamen nicht nur Trä­ger und Lei­te­rin­nen von Kin­der­ta­ges­stät­ten zusam­men, son­dern auch ein Eltern­ver­tre­ter und der Fach­re­fe­rent für die Kin­der- und Jugend­hilfe in der Landesgeschäftsstelle.

Hin­ten von links: Mar­tin Neu­bert (Geschäfts­füh­rer der Pari­tä­ti­sche Kin­der­ta­ges­stät­ten gemein­nüt­zige GmbH), Dr. Mark Einig (Refe­rent für Kin­der- und Jugend­hilfe bei der Pari­tä­ti­sche, Lan­des­ver­band Bran­den­burg e.V.), Mat­thias Koschenz (Eltern­ver­tre­ter Hort Zau­ber­wald in Pots­dam), Ines Große (Vor­stands­vor­sit­zende der Volks­so­li­da­ri­tät Bran­den­burg). Vorne von links: Ste­fa­nie Schulze (Kita-Ver­ant­wort­li­che Lau­sitz der Volks­so­li­da­ri­tät Bran­den­burg), Tho­mas von Gizy­cki, Candy Herold (Lei­tung Hort Zau­ber­wald in Pots­dam), Johanna Dietl (Lei­te­rin Kita Zau­ber­wald in Potsdam).

Veraltetes Gesetz und jede Menge neue Aufgaben

Aus den Berich­ten der Anwe­sen­den wurde schnell klar, warum das Sys­tem Kin­der­be­treu­ung in Bran­den­burg in hohem Maße auf Ver­schleiß fährt oder schon nahe am Kol­laps ist. 

  • Bran­den­burg hat das älteste Kita-Gesetz von allen Bun­des­län­dern in Deutsch­land. Es wurde seit 1992 immer wie­der ergänzt und geflickt; es ist für alle die damit arbei­ten maxi­mal unübersichtlich.
  • Die Finan­zie­rung einer Reihe von Leis­tun­gen, die wir von unse­ren Kitas ver­lan­gen wie z.B. Inklu­sion ist nicht klar gere­gelt oder je nach Region gar nicht vor­han­den. Das schafft Unsi­cher­heit und macht Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten zum Nice-to-have.
  • Bei der Kal­ku­la­tion von Per­so­nal wer­den keine Aus­fall­zei­ten mit­ge­dacht, die zum Bei­spiel durch Krank­heit, Aus- und Wei­ter­bil­dung, Lei­tungs­auf­ga­ben, Doku­men­ta­tion, Eltern­ge­sprä­che oder erhöh­ten För­der­be­darf ent­ste­hen – alles Dinge, die in ande­rem Arbeits­kon­text nor­mal sind. 
  • Zu viele not­wen­dige Leis­tun­gen müs­sen durch kurz­fris­tige För­der­pro­gramme finan­ziert wer­den – Fol­gen sind ein hoher büro­kra­ti­scher Auf­wand und Unsi­cher­hei­ten für Mit­ar­bei­tende und Kinder.
  • Ver­än­de­run­gen in unse­rer Gesell­schaft wir­ken sich mas­siv auf die Arbeit der Kin­der­ta­ges­stät­ten aus, zum Bei­spiel die feh­lende fami­liäre Unter­stüt­zung, der Sprach­er­werb bei Kin­dern aus geflüch­te­ten Fami­lien oder immer mehr Eltern brau­chen Hilfe mit Behör­den oder in schwie­ri­gen Lebenslagen.
  • Ver­än­de­run­gen in der Arbeits­welt betref­fen auch die Kitas: gestie­ge­ner Doku­men­ta­ti­ons­auf­wand, feh­lende Fach­kräfte, zuneh­mend Leiharbeitnehmer*innen sowie hohe Kran­ken­stände, dar­un­ter viele psy­chi­sche Erkran­kun­gen sind Pro­bleme, die sogar zeit­weise zu Schlie­ßun­gen von Kitas führen.

Was wir für die Zukunft der KiTas wollen …

Für die früh­kind­li­che Bil­dung steht heute zwar 54% mehr Geld zur Ver­fü­gung als noch im Jahr 2019. Zur Wahr­heit gehört aber auch, dass die­ses Geld zum größ­ten Teil für die Bei­trags­be­frei­ung bzw. ‑ent­las­tung sowie für die letz­ten Tarif­er­hö­hun­gen beim Kita-Per­so­nal gebraucht wurde. Bis August 2025 sol­len in ganz Bran­den­burg noch rund 1000 neue Stel­len in den Kitas dazukommen.

Dafür wol­len wir uns stark machen:

  1. Schritt für Schritt mehr Per­so­nal, bis wir den Per­so­nal­schlüs­sel von 1:7 für Kitas und 1:3 für Krip­pen erreicht haben. Auch der Schlüs­sel für den Hort muss bes­ser als 1:15 werden. 
  2. Die Zei­ten für Urlaub, Fort­bil­dung, Krank­heit, Eltern­ar­beit sowie Vor- und Nach­be­rei­tungs­zei­ten der Erzieher*innen müs­sen im Per­so­nal­schlüs­sel berück­sich­tigt wer­den. Die Lei­tungs­frei­stel­lung soll nach Größe der Ein­rich­tun­gen schritt­weise aus­ge­wei­tet werden.
  3. Mehr päd­ago­gi­sche Fach­kräfte aus­bil­den und gewin­nen, damit alle freien Posi­tio­nen besetzt wer­den kön­nen. Dafür soll­ten wir das Schul­geld für Erzieher*innen in Aus­bil­dung abschaf­fen und berufs­be­glei­tende Aus­bil­dungs­gänge ausbauen.
  4. Wir wol­len die Bei­trags­frei­heit wei­ter aus­wei­ten. Die Eltern­bei­träge wur­den seit 1.8.2023 für das vor­letzte und ab 1.8.2024 für das vor­vor­letzte Kita­jahr abge­schafft. Als nächs­ten Schritt haben wird die Bei­trags­frei­heit für den Hort im Blick, damit der Ganz­tags­an­spruch ab 1.8.2026 bei­trags­frei erfüllt wer­den kann.

Mehr zum Thema früh­kind­li­che Bil­dung, Kita und Hort gibt es auf der Web­seite unse­rer bil­dungs­po­li­ti­schen Spre­che­rin und Frak­ti­ons­vor­sit­zen­den Petra Budke. Mehr zu unse­ren Vor­stel­lun­gen für die nächste Legis­la­tur­pe­ri­ode in unse­rem Land­tags­wahl-Pro­gramm 2024.

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