Sommertour 2023 – Was bleibt?

Nach acht inten­si­ven Tagen, 13 Ter­mi­nen, dut­zen­den Gesprächspartner*innen und hun­der­ten von Kilo­me­tern lasse ich meine Ein­drü­cke der Som­mer­tour 2023 Revue passieren.

Armut betrifft verschiedene Bevölkerungsgruppen

Die Tour stand in die­sem Jahr unter dem Motto „Armut in Bran­den­burg – Wege aus der Krise“. Ich wollte Hel­fende tref­fen, die sich enga­gie­ren und mich dabei mög­lichst breit zur Lage der von Armut betrof­fe­nen Bevöl­ke­rungs­grup­pen infor­mie­ren. Armut belas­tet bei uns in Bran­den­burg ganz unter­schied­li­che Men­schen: Arbeits­su­chende, Kin­der und Jugend­li­che, Allein­er­zie­hende, Geflüch­tete, ver­schul­dete Men­schen, Sucht­kranke, Men­schen in psy­chi­schen Aus­nah­me­si­tua­tio­nen, Woh­nungs­lose, Gering­ver­die­nende, Stu­die­rende und ältere Men­schen. Und auch wenn Armut für alle gleich schlimm ist, sind die Bedarfe der Betrof­fe­nen je nach Lebens­lage doch unterschiedlich.

Thomas von Gizycki an der Lebensmittelausgabe des VAL e.V.
Lebens­mit­tel­aus­gabe des Ver­eins Arbeit und Leben in Bad Bel­zig. Hier hel­fen viele der Men­schen mit,
die selbst Unter­stüt­zung brau­chen oder gebraucht haben.

Hilfe mit Herz und Verstand

Wäh­rend mei­ner Tour lernte ich ver­schie­dene ehren­amt­li­che Initia­ti­ven und pro­fes­sio­nelle Bera­tungs­stel­len ken­nen. Egal wo, die Mit­ar­bei­ten­den enga­gie­ren sich jeden Tag mit Herz und Ver­stand, um von Armut Betrof­fe­nen best­mög­lich Hilfe anzu­bie­ten. Sehr häu­fig sto­ßen die Hel­fen­den dabei selbst auf büro­kra­ti­sche Hür­den und schlep­pende Bear­bei­tung durch die Behör­den. Finan­zi­elle Eng­pässe und klein­tei­lige Bean­tra­gungs­ver­fah­ren behin­dern allzu oft die lang­fris­tige Pla­nung und ver­bind­li­che Betreu­ung von Hil­fe­su­chen­den. Hier habe ich mir einige kon­krete Pro­bleme notiert, und werde mich auf Lan­des­ebene dafür ein­set­zen, den ein oder ande­ren Pro­zess zu beschleunigen.

Die Teams der Arbei­ter­wohl­fahrt (AWO) bera­ten nicht nur ver­schul­dete Men­schen oder bei Insol­venz. Auch Migrant*innen, Woh­nungs­lose und Men­schen mit psy­chi­schen Lei­den oder Dro­gen­pro­ble­men fin­den in den Bera­tungs­stel­len Hilfe.

Wohnungsnot als umfassendes Problem

Im städ­ti­schen Bereich seit lan­gem in aller Munde, hat der Woh­nungs­man­gel – ins­be­son­dere die Ver­füg­bar­keit von preis­wer­tem Wohn­raum – nun auch den länd­li­chen Raum in Bran­den­burg erreicht. Fami­lien ver­har­ren in viel zu klei­nen Räu­men, Geflüch­tete kön­nen die Wohn­heime nicht ver­las­sen und psy­chisch Kranke blei­ben über­mä­ßig lang in sta­tio­nä­ren Ein­rich­tun­gen, weil sie keine Woh­nung fin­den. Gleich­zei­tig warnt der Deut­sche Mie­ter­bund davor, dass die stei­gen­den Mie­ten zum Armuts­trei­ber wer­den und einen immer grö­ße­ren Anteil des Haus­halts­ein­kom­mens in Anspruch neh­men. Bei allen Ter­mi­nen mei­ner Tour wurde deut­lich, dass mehr bezahl­ba­rer Wohn­raum in kom­mu­na­ler Hand ent­ste­hen muss. Hier sollte das Land den Städ­ten und Gemein­den stär­ker unter die Arme grei­fen, damit es für sie attrak­ti­ver wird, güns­tige Woh­nun­gen zu schaf­fen. Gleich­zei­tig gilt es, die Miet­preise zu regu­lie­ren und lan­des­weit aktu­elle Miet­spie­gel bereit zu stel­len. Auch hier haben wir Punkte iden­ti­fi­ziert, wo auf Lan­des­ebene gehol­fen wer­den kann.

Mit mei­ner Kol­le­gin MdL Sahra Dah­mus beim Bran­den­bur­ger Lan­des­ver­band des Deut­schen Mieterbunds

Transparenz herstellen und Kontinuität sichern

In meh­re­ren Gesprä­chen wurde deut­lich, dass eine Viel­zahl von Bera­tungs­struk­tu­ren und Hil­fen exis­tie­ren, bei denen es weder für die Hil­fe­su­chen­den noch für die Geld­ge­ber ein­fach ist, die Struk­tur der Ange­bote zu ver­ste­hen und den rich­ti­gen Ansprech­part­ner zu fin­den. Hier könnte eine Über­sicht über insti­tu­tio­nelle Hilfs­an­ge­bote sei­tens des Lan­des erstellt wer­den. Die größte Bedeu­tung hat jedoch eine Finan­zie­rung, die es mög­lich macht, dass in Bran­den­burg Hilfs­an­ge­bote kon­ti­nu­ier­lich zur Ver­fü­gung ste­hen und die Mit­ar­bei­ten­den in den Insti­tu­tio­nen anstän­dig bezahlt wer­den kön­nen. Um das zu errei­chen, sollte die aktu­ell meist Pro­jekt-basierte Finan­zie­rung von einer insti­tu­tio­nel­len Finan­zie­rung abge­löst wer­den. Für ein sol­ches Vor­ge­hen exis­tie­ren schon erfolg­rei­che Bei­spiele in ande­ren Bun­des­län­dern – eine gute Vor­aus­set­zung für unsere nächs­ten Koalitionsverhandlungen 😉

Armut ist eine Schande und jeder Mensch, der in Armut lebt, ist einer zu viel. Letzt­end­lich muss das Pro­blem poli­tisch gelöst wer­den. Dass auch das Land hier noch mehr tun kann und muss, ist wäh­rend mei­ner Tour deut­lich gewor­den. Doch vor allem braucht es auch die Anstren­gung der vie­len ehren- und haupt­amt­li­chen Mit­ar­bei­ten­den in diver­sen Initia­ti­ven und Ver­bän­den, die kon­kret hel­fen. Und zum Bei­spiel mit Stadt­teil­früh­stü­cken, wie das AWO Büro Kinder(ar)mut, Men­schen ver­bin­den und dem Gefühl des Allein­ge­las­sen­wer­dens etwas ent­ge­gen­set­zen. Vie­len Dank für eure unschätz­bare Arbeit!

Thomas von Gizycki vor der Geschäftsstelle des SAM e.V.

Und übrigens …

Ich war bei mei­ner Som­mer­tour mit öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln und dem Fahr­rad unter­wegs. Das hat mir nicht nur wun­der­bare Som­mer­tage im länd­li­chen Bran­den­burg beschert, son­dern auch jede Menge CO2 ein­ge­spart. Wir haben mal gerech­net: Hätte ich all die Wege mit dem PKW zurück­ge­legt, wären fast 118 kg CO2 mehr in die Luft gepus­tet wor­den. Das ist so viel wie 3 Fahr­ten Ber­lin-Mün­chen mit dem ICE – hin und zurück.

Unter­wegs von Bad Bel­zig nach Kuhlowitz

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