Nach acht intensiven Tagen, 13 Terminen, dutzenden Gesprächspartner*innen und hunderten von Kilometern lasse ich meine Eindrücke der Sommertour 2023 Revue passieren.
Armut betrifft verschiedene Bevölkerungsgruppen
Die Tour stand in diesem Jahr unter dem Motto „Armut in Brandenburg – Wege aus der Krise“. Ich wollte Helfende treffen, die sich engagieren und mich dabei möglichst breit zur Lage der von Armut betroffenen Bevölkerungsgruppen informieren. Armut belastet bei uns in Brandenburg ganz unterschiedliche Menschen: Arbeitssuchende, Kinder und Jugendliche, Alleinerziehende, Geflüchtete, verschuldete Menschen, Suchtkranke, Menschen in psychischen Ausnahmesituationen, Wohnungslose, Geringverdienende, Studierende und ältere Menschen. Und auch wenn Armut für alle gleich schlimm ist, sind die Bedarfe der Betroffenen je nach Lebenslage doch unterschiedlich.
Hilfe mit Herz und Verstand
Während meiner Tour lernte ich verschiedene ehrenamtliche Initiativen und professionelle Beratungsstellen kennen. Egal wo, die Mitarbeitenden engagieren sich jeden Tag mit Herz und Verstand, um von Armut Betroffenen bestmöglich Hilfe anzubieten. Sehr häufig stoßen die Helfenden dabei selbst auf bürokratische Hürden und schleppende Bearbeitung durch die Behörden. Finanzielle Engpässe und kleinteilige Beantragungsverfahren behindern allzu oft die langfristige Planung und verbindliche Betreuung von Hilfesuchenden. Hier habe ich mir einige konkrete Probleme notiert, und werde mich auf Landesebene dafür einsetzen, den ein oder anderen Prozess zu beschleunigen.
Wohnungsnot als umfassendes Problem
Im städtischen Bereich seit langem in aller Munde, hat der Wohnungsmangel – insbesondere die Verfügbarkeit von preiswertem Wohnraum – nun auch den ländlichen Raum in Brandenburg erreicht. Familien verharren in viel zu kleinen Räumen, Geflüchtete können die Wohnheime nicht verlassen und psychisch Kranke bleiben übermäßig lang in stationären Einrichtungen, weil sie keine Wohnung finden. Gleichzeitig warnt der Deutsche Mieterbund davor, dass die steigenden Mieten zum Armutstreiber werden und einen immer größeren Anteil des Haushaltseinkommens in Anspruch nehmen. Bei allen Terminen meiner Tour wurde deutlich, dass mehr bezahlbarer Wohnraum in kommunaler Hand entstehen muss. Hier sollte das Land den Städten und Gemeinden stärker unter die Arme greifen, damit es für sie attraktiver wird, günstige Wohnungen zu schaffen. Gleichzeitig gilt es, die Mietpreise zu regulieren und landesweit aktuelle Mietspiegel bereit zu stellen. Auch hier haben wir Punkte identifiziert, wo auf Landesebene geholfen werden kann.
Transparenz herstellen und Kontinuität sichern
In mehreren Gesprächen wurde deutlich, dass eine Vielzahl von Beratungsstrukturen und Hilfen existieren, bei denen es weder für die Hilfesuchenden noch für die Geldgeber einfach ist, die Struktur der Angebote zu verstehen und den richtigen Ansprechpartner zu finden. Hier könnte eine Übersicht über institutionelle Hilfsangebote seitens des Landes erstellt werden. Die größte Bedeutung hat jedoch eine Finanzierung, die es möglich macht, dass in Brandenburg Hilfsangebote kontinuierlich zur Verfügung stehen und die Mitarbeitenden in den Institutionen anständig bezahlt werden können. Um das zu erreichen, sollte die aktuell meist Projekt-basierte Finanzierung von einer institutionellen Finanzierung abgelöst werden. Für ein solches Vorgehen existieren schon erfolgreiche Beispiele in anderen Bundesländern – eine gute Voraussetzung für unsere nächsten Koalitionsverhandlungen 😉
Armut ist eine Schande und jeder Mensch, der in Armut lebt, ist einer zu viel. Letztendlich muss das Problem politisch gelöst werden. Dass auch das Land hier noch mehr tun kann und muss, ist während meiner Tour deutlich geworden. Doch vor allem braucht es auch die Anstrengung der vielen ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden in diversen Initiativen und Verbänden, die konkret helfen. Und zum Beispiel mit Stadtteilfrühstücken, wie das AWO Büro Kinder(ar)mut, Menschen verbinden und dem Gefühl des Alleingelassenwerdens etwas entgegensetzen. Vielen Dank für eure unschätzbare Arbeit!
Und übrigens …
Ich war bei meiner Sommertour mit öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Fahrrad unterwegs. Das hat mir nicht nur wunderbare Sommertage im ländlichen Brandenburg beschert, sondern auch jede Menge CO2 eingespart. Wir haben mal gerechnet: Hätte ich all die Wege mit dem PKW zurückgelegt, wären fast 118 kg CO2 mehr in die Luft gepustet worden. Das ist so viel wie 3 Fahrten Berlin-München mit dem ICE – hin und zurück.